- Mai 2020 (2)
- April 2020 (2)
„Alone Together“
Dave Mason der Weltbürger
Einige sehen in Dave Mason einen Inbegriff des britischen Klassikers der 60er / 70er Jahre. Dennoch lebt er seit 1969 in Südkalifornien. Er spricht kaum noch eine Spur des britischen Akzents, mit dem er 1946 in Worcester geboren wurde. Auf die Frage, ob er sich als amerikanischer oder englischer Musiker betrachte, zitiert er einen Autoaufkleber seines verstorbenen Vaters, einem Veteran des Ersten Weltkriegs, den der auf dem Kofferraumdeckel seines Autos hatte: „Ich bin ein Weltbürger.“
Dave Mason der Künstler
Überall dort, wo Mason’s Musik im großen Pantheon des Rocks steht, gibt es keine Debatte darüber, dass „Alone Together“ zu den großartigsten Erlebnissen gehört, die jemals auf einem Plattenteller gelandet sind. Dave Masons Solo-Debüt von 1970 ist verpackt in einer ausklappbaren Hülle, die die Schallplatte in einen Wandbehang verwandeln soll. Ihre Präsentation ist ein Symbol für das gesamte Album, durchdacht und lebendig detailliert, gekennzeichnet durch makelloses Handwerk.
„Alone Together“ von Tommy LiPuma produziert, erreicht Platz 22 in den Billboards, die höchste Platzierung unter den 14 Alben von Mason.
Mason erlangt Bekanntheit als Gründungsmitglied von Traffic, dessen ein- und ausgehende Mitgliedschaft einen beträchtlichen Beitrag zum beginnenden Erfolg der Gruppe von 1968 leistet. Masons „Feelin ‚Alright?“ erreicht in seiner Originalversion zwar nur Platz 123 der Single-Charts, wurde aber durch Joe Cockers Wiedergabe im selben Jahr verewigt. Mason steht für eine große Anzahl von Rockklassikern. Er spielt für die Stones auf „Beggars Banquet“ und für Jimi Hendrix auf „Electric Ladyland“ und liefert eine glänzende 12-saitige Akustikgitarrendekoration für „All Along the Watchtower“.
Masons Talent für zugänglichen, pop-orientierten Folk-Rock unterscheidet sich von den Jazz- und Blues-Dialekten Steve Winwood‘s und Jim Capaldi‘s, was zu Traffic-Projekten führt, die sich weniger nach Zusammenarbeit anfühlen, als nach einzelnen Bandmitgliedern, die sich mit ihren jeweiligen Visionen durchsetzen wollen. Mason ist schon zum Zeitpunkt der Produktion von „Last Exit“ aus dem Jahr 1969 bereits weitgehend aus der Gruppe ausgeschieden. Als Winwood später in diesem Jahr mit Eric Clapton und Ginger Baker Blind Faith gründet, war es erst mal aus mit Traffic. Diese Supergruppe ist aber nach kurzer Zeit bereits wieder Geschichte. Es gibt ein Album mit gleichnamigem Namen. Winwood reformiert Traffic, wenn auch ohne Mason. Als „John Barleycorn Must Die“ im Juli 1970 debütiert, sind die Einflüsse von Winwood und Capaldi nicht zu überhören. Aber Fans, die Mason‘s Kompositionen lieben, müssenen nicht lange darauf verzichten. „Alone Together“ ist einen Monat zuvor erschienen. Das Album von Mason, hat aber einen erheblichen Nutzen von gut positionierten Gästen. Die Formalität der Struktur von „Should‘nt have took more than you gave“ wird durch Leon Russells Klavier gelockert, und dadurch mit geschmackvollem Charakter vergoldet. Sein Arrangement schafft eine einladende Atmosphäre, in die sich der Chor von Rita Coolidge, Delaney und Bonnie Bramlett bequem einfügt. Der gesamte Song ist klinisch und dennoch leicht zu verstehen, expansiv, ohne jedoch auffällig zu werden.
Ob vokal oder instrumental, Mason verfolgt den gleichen Ansatz: artig und doch unbestreitbar effektiv. Vor dem Hintergrund der Ballade von „Sad and Deep as You“ ist sein Gesang bewusst und dennoch robust, selbst wenn er am ausgeglichensten ist. Seine kontemplative „World in Changes“ ist cool und einfach, Rock in seiner nachdenklichsten Form, selbst wenn er laut durch den aufsteigenden Schlusswirbel aus Orgel, Gitarre und Schlagzeug aufheult. Trotz der Zurückhaltung, die er konsequent ausübt, ist sein Rock Bona Fides nicht zu leugnen -- es ist professionell, aber nicht weich.
Capaldi ist ein Partner von Mason für Jahre vor und für Jahrzehnte nach Traffic. Er ist mit am Set. Das von ihm mitgeschriebene „Look at You Look at Me“ hinterlegt er mit seinen Drums, die einen treibenden Gang herstellen. Russells Klavier bewschreibt eine robuste Interpunktion inmitten einer Mischung aus Klangfarben. Das Ganze ist so wild wie Mason selbst. Es geht ihm aber nicht so sehr um Energie, sondern darum, dass alles zusammenpasst. Der Song ist gepflegt und gehört zum professionellsten was jemals hergestellt wurden. Das Gitarrensolo ist der Höhepunkt des Songs. Es ist wunderbar herausgespielt und ist mit das Eindrucksvollste was ich je gehört habe.
Erstklassige Session Musiker, darunter Schlagzeuger Jim Keltner und Bassist Carl Radle, sind auf verschiedenen Songs zu hören. Man kann nur raten, wer was getan hat, da das Album keine Track-by-Track-Credits enthält. Aber alle finden ihren Platz in makellos gefertigten Stücken. Der wogende Puls von „Just a Song“ wird reichlich von mehreren Instrumenten und Stimmen dekoriert, die alle zu einem einzigartigen Ganzen verschmelzen. Das E-Piano tanzt von rechts und die grobkörnige E-Gitarre von links. Danach landet Mason in „Waitin ‚on You“. Eine Melodie verankert in einer unwahrscheinlichen Kombination von Überschwang und Glanz.
Mason‘s akustisches Gitarrenspiel in Kombination mit formbestimmenden Drums machen aus „Can’t Stop Worrying, Can’t Stop Loving“ eine sichere, lockere Rockballade.
Die anhaltende Anziehungskraft der Platte ist bei „Only you know and I know“ leicht zu verstehen. Es ist die Art von Melodie, die eine Blaupause für die Zusammenstellung einer idealen Rockstruktur darstellt. Mitreißend und lebhaft drapiert er seine Stimme über einen einfach klingenden Zusammenfluss von akustischen und elektrischen Gitarren, die wie Puzzleteile passen, während ein beharrlicher Backbeat nur das hinzufügt, was benötigt wird.
Fazit
Das Album ist eine Übung in ganzheitlichem Rock, das sich durch seine Definition und sein Design auszeichnet. Es ist und bleibt eine geeignete Visitenkarte für ein Projekt, welches sich durch sorgfältige Darbietungen und attraktive Arrangements auszeichnet und Belohnungen für das Ohr bietet, die so farbenfroh sind wie alles, was in das dekorative Vinyl eingemischt ist.
Hier im Anschluß zuerst die Originalversion von „Look at you Look at me“ aus dem Jahr 1970. Danach das Gitarrensolo live gespielt aus dem Jahr 2002 in Florida.